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Trainingsvideo mit Anne Vohrmann

Zusammenfassung des Videos

  • Begabungen sind nicht immer offensichtlich.
  • Stereotype und Mythen können den Blick auf die Potenziale von Kindern und Jugendlichen verstellen.
  • Begabungen brauchen Raum, um gesehen zu werden.

Machen Sie sich bewusst:

  • Es hängt auch von der eigenen Haltung ab, ob Begabungen erkannt werden.
  • Intelligenztests testen kognitive Fähigkeiten. Begabungen beschränken sich jedoch nicht nur auf diese Facette. 

Begabung erkennen

Was meinen wir eigentlich, wenn wir von Begabung, Talent, Expertise, Hochbegabung oder Potenzial sprechen? Haben Sie sich diese Frage schon einmal bewusst gestellt? Welche Begriffe verwenden Sie? Und welche Bilder oder Personen erscheinen vor Ihrem inneren Auge, wenn wenn Sie an einen hochbegabten Schüler oder an eine talentierte Schülerin denken? Dieser Frage geht Dr. Anne Vohrmann im Trainingsvideo nach und gibt Ihnen Methoden an die Hand, um die Potenziale Ihrer Schülerinnen und Schüler besser zu erkennen. 

Anne Vohrmann auf einer Tagung

Dr. Anne Vohrmann

Anne Vohrmann auf einer Tagung
© Fotografie Michael Kuhlmann

Dr. Anne Vohrmann

Anne Vohrmann ist Bildungswissenschaftlerin. Sie promovierte an der Universität Münster im Fach Erziehungswissenschaft zum Thema begabte Underachiever. Schon während des Studiums und lange darüber hinaus war sie am Internationalen Centrum für Begabungsforschung tätig. Von 2018 bis 2023 war sie Projektkoordinatorin im Forschungsverbund »Leistung macht Schule«. Seit 2024 ist sie an der Universität Köln tätig.

Stereotypen und Mythen

Es ist natürlich, dass wir mit den Begriffen Begabung, Talent, Expertise, Hochbegabung oder Potenzial bestimmte Vorstellungen und Erwartungen verbinden. Oft beruhen sie auf persönlichen Erfahrungen, gesellschaftlichen Bildern oder weit verbreiteten Mythen. Doch gerade deshalb ist es wichtig, diese eigenen Annahmen zu reflektieren – denn sie beeinflussen, wie wir Begabung wahrnehmen und ob wir sie überhaupt erkennen. Stereotype Vorstellungen können dazu führen, dass Talente und Potenziale übersehen oder falsch eingeschätzt werden. Solche Vorstellungen sind zum Beispiel:

  • Mädchen seien in Mathematik weniger begabt als Jungen.
  • Talent sei angeboren: Man habe es – oder eben nicht.
  • Talent entfalte sich von allein.
  • Begabte Kinder oder Jugendliche seien immer Klassenbeste.

Solche Mythen sind nicht nur überholt, sondern auch hinderlich. Sie können verhindern, dass wir die vielfältigen Begabungen und Talente sehen. Hinzu kommt: IQ-Tests erfassen in der Regel nur kognitive Fähigkeiten. Begabung kann sich jedoch in vielen verschiedenen Formen äußern – intellektuell, kreativ, sportlich, sozial oder emotional.

Begabungen zu erkennen hat daher immer auch mit der eigenen Haltung und Perspektive zu tun. Wer offen bleibt und bereit ist, eigene Denkmuster zu hinterfragen, erweitert den Blick und kann Potenziale dort entdecken, wo sie auf den ersten Blick vielleicht nicht vermutet werden.

Ihre Reflexionsaufgabe 

Denken Sie an drei Kinder oder Jugendliche, mit denen Sie aktuell arbeiten oder die Ihnen bekannt sind. Welche Talente oder besonderen Stärken nehmen Sie bei jedem dieser jungen Menschen wahr? Fragen Sie sich dann: Wären mir diese Potenziale auch eingefallen, wenn ich mich ausschließlich an gängigen Vorstellungen von Begabung orientiert hätte?

Begabung braucht Raum, um sich zu entfalten

Begabungen sind nicht immer auf den ersten Blick erkennbar

Begabungen zeigen sich nicht immer in offensichtlichen Leistungen oder schulischen Erfolgen, sondern in individuellen Interessen, Neigungen und Verhaltensweisen. Damit Begabungen sichtbar werden und sich entfalten können, brauchen Kinder und Jugendliche Raum – im wörtlichen und übertragenen Sinn.

Begabungen Raum zu geben bedeutet, Freiräume zu schaffen: Räume, in denen junge Menschen sich ausprobieren dürfen, in denen Fehler erlaubt sind und in denen Neugier, Kreativität und eigene Wege geschätzt werden. Es geht darum, Möglichkeiten zu eröffnen, sich mit den eigenen Talenten zu entdecken, neue Fähigkeiten zu entwickeln und Grenzen auszuloten. Erwartungshaltungen oder hohe Leistungsmaßstäbe können unter Umständen der Entfaltung von Begabungen im Weg stehen.

Manche Begabungen brauchen gezielte Ermutigung, wertschätzende Rückmeldungen und vielfältige Anregungen, um ans Licht zu kommen. Das kann im schulischen Umfeld genauso geschehen wie im Sportverein, in der Musikschule oder im Freundeskreis und der Familie.

Ihre Reflexionsaufgabe 

Überlegen Sie: Wann haben Sie selbst zuletzt bewusst Freiräume geschaffen, in denen Kinder oder Jugendliche eigene Ideen verfolgen, neue Fähigkeiten ausprobieren oder eigene Lösungswege finden konnten? Notieren Sie zwei konkrete Situationen, in denen Sie erlebt haben, dass ein Kind durch solche Freiräume seine Stärken zeigen oder etwas Neues entdecken konnte. Fragen Sie sich anschließend: Wo könnte ich noch gezielter solche Räume schaffen? Gibt es Momente, in denen ich – vielleicht unbewusst – eher begrenze als ermögliche?

Interesse und Kreativität

Interessen 

Interessen spielen eine entscheidende Rolle beim Erkennen und Entfalten von Begabungen. Ein echtes Interesse zeigt sich, wenn ein Kind oder ein Jugendlicher sich freiwillig, ausdauernd und mit Freude mit einem Thema, einer Tätigkeit oder einem Problem auseinandersetzt. Dieses anhaltende, selbstgesteuerte Engagement kann ein Anzeichen für eine tieferliegende Begabung sein – unabhängig von momentanen Leistungen oder schulischen Noten. 

Wer sich für etwas interessiert, ist bereit, sich anzustrengen und fühlt sich selbstwirksam. Interessen müssen nicht von vornherein vorhanden sein – sie können sich auch im Lauf der Zeit erst entwickeln. Daher ist es wichtig, aktiv Interessen bei Schülerinnen und Schülern anzuregen. Denn solch ein situationales Interesse kann sich verstetigen: Eine Schülerin oder ein Schüler findet ein Thema oder eine Aufgabe spannend, recherchiert noch ein bisschen weiter und bleibt an dem Thema dran. So kann aus einem Anfangsinteresse ein vertieftes individuelles Interesse entstehen. 

Tipp

Methodenkoffer »Stärkenorientierung und Interessen«:

Kreativität

Kreativität ist eine wichtige Schlüsselkompetenz, damit sich Begabungen entfalten können. Denn nur wer kreativ denkt und handelt, kann:

  • neue Ideen entwickeln,
  • ungewöhnliche Lösungswege finden und
  • bestehendes Wissen auf neue Weise miteinander verknüpfen.

Kreativität eröffnet Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, ihre Stärken und Interessen sichtbar zu machen – auch dann, wenn diese nicht in klassischen Leistungsfächern oder schulischen Standards liegen. Kreative Ausdrucksformen können Talente ans Licht bringen, die in herkömmlichen Lern- und Bewertungssettings womöglich übersehen würden.

Kinder und Jugendliche, die ihre Kreativität einbringen dürfen, erleben oft mehr Freude am Lernen, zeigen eine höhere intrinsische Motivation und entwickeln mehr Mut, eigene Ideen zu verfolgen. Gleichzeitig sinkt die Angst vor Fehlern oder Scheitern – denn kreatives Arbeiten lebt davon, Neues auszuprobieren, Umwege zu gehen und dabei wertvolle Lernerfahrungen zu sammeln. 

Tipp

Methodenkoffer »Kreative Reflexion mit dem Journaling«:

Zum Weiterlesen

  • Berg-Winkels, Dagmar und Schmitz, Stephanie: Begabungen sichtbar machen: Individuell Fördern im vorschulischen Bereich. Göttingen, 2018.
  • Vohrmann, Anne und Rott, David: Begabungen von Kindern erkennen und fördern. Stuttgart, 2022.
Grafik zur Veranschaulichung des Bereiches Literatur unseres Hybriden Lernraums. Ein Pfeil zeigt auf drei Buecher, die neben einem Werkzeugkasten stehen.

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Hybrider Lernraum

Die Trainingsvideos sind Teil des Hybriden Lernraums. Hier finden Sie für Ihre Arbeit in Schule oder an außerschulischen Lernorten Informationen und Praxistipps aus Wissenschaft und Praxis – als Artikel, Methoden, Podcasts, Videos oder Workshops.

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