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Da Schülerinnen und Schüler an weiterführenden Schulen in ihren Talenten und Bedürfnissen stärker ausdifferenziert sind als im Grundschulalter, sind die Angebote zur Förderung entsprechend breiter und vielfältiger aufgestellt. Leistungsstarke Schülerinnen und Schüler von weiterführenden Schulen in NRW bekommen im Regelunterricht Freiräume, um ihre Potenziale zu entwickeln. Sie werden ermutigt, an Austauschprogrammen, Schüleruniversitäten, Wettbewerben und Projekten im naturwissenschaftlichen Bereich teilzunehmen. Außerunterrichtliche Angebote werden häufig in Kooperation mit außerschulischen Partnern organisiert, zum Beispiel mit Hochschulen.

Die gymnasiale Oberstufe an Gymnasien und Gesamtschulen setzt in der Sekundarstufe II die Bildungs- und Erziehungsarbeit der Sekundarstufe I fort und erweitert sie. Sie schließt mit der Abiturprüfung ab und führt zur Allgemeinen Hochschulreife. In der gymnasialen Oberstufe werden fachliche Schwerpunkte gesetzt und soziale sowie kognitive Kompetenzen erweitert. Neue Lernmethoden und Lernverfahren fördern wissenschaftliches Denken und Vorgehen. Nähere Informationen zu den Schulformen und Abschlüssen weiterführender Schulen finden Sie unter dem Link zu »Info-Materialien für Eltern«.

Praxisbeispiele

Schulversuch Talentschulen

Alle jungen Menschen haben Talente. Ziel der Bildungspolitik ist es daher, gerechte Bildungschancen für alle Schülerinnen und Schüler zu eröffnen. Mit dem Schulversuch »Talentschulen« soll exemplarisch erprobt werden, wie die Entkoppelung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg an Schulstandorten mit besonderen Herausforderungen gelingen kann.

Die am Schulversuch teilnehmenden Schulen sollen ein besonderes fachliches Förderprofil auf- oder ausbauen. Dazu gehören die Ausbildung inhaltlicher Profile wie zum Beispiel MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) oder Kulturelle Bildung, die Vertiefung der sprachlichen Förderung im Rahmen eines erweiterten Fachunterrichts oder eine erweiterte Berufsorientierung.

Kernelement des Konzeptes ist eine Förderung, die fachlich angebunden auf sprachliche Kompetenzentwicklung fokussiert, das Selbstkonzept der Schülerinnen und Schüler stärkt und ihre Potenziale wertschätzt und systematisch nutzt. Hierzu erhalten Talentschulen zusätzliche Ressourcen und weitere Angebote. Derzeit nehmen insgesamt 60 Schulen in den Regierungsbezirken Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln und Münster an diesem Schulversuch teil, 45 allgemeinbildende Schulen mit Sekundarstufe I sowie 15 berufsbildende Schulen. Die ersten 35 Talentschulen sind im Schuljahr 2019/2020 gestartet, zum Schuljahr 2020/2021 kamen weitere 25 hinzu. Der Schulversuch läuft an allen Talentschulen jeweils sechs Jahre lang und wird im Jahr 2026 evaluiert. Informationen zum Schulversuch finden sich auf dieser Webseite des Schulministeriums NRW.

Einige Talentschulen NRW sehen Sie beispielhaft im folgenden Abschnitt. Alle 60 Schulen sind in der Datenbank des Begabungslotsen zu finden. Hier eine erste Suchanfrage nach »Talentschulen NRW«. Filtern Sie weiter nach Schulart, Fach und Postleitzahl.

Talentschulen NRW

Talentschulen NRW im Begabungslotsen – Beispiele

Schulen mit besonderen Schwerpunkten

In Nordrhein-Westfalen haben sich viele Schulen über die übliche Profilbildung hinaus besondere Schwerpunkte gesetzt, so zum Beispiel im kulturellen, musikalischen, naturwissenschaftlichen, sprachlichen oder sportlichen Bereich. Im Folgenden finden sich Informationen zu den jeweiligen Ausrichtungen sowie zu einigen beispielhaften Schulen.

MINT SCHULE NRW

»MINT SCHULE NRW« ist ein MINT-Zertifizierungsverfahren für Schulen der Sekundarstufe I, das von der Landesvereinigung der Unternehmensverbände NRW »unternehmer nrw« in Zusammenarbeit mit MINT-Expertinnen und -Experten aus Schulen, Unternehmen, Hochschulen und Ministerien entwickelt wurde.

Über die Zertifizierung entscheidet eine ehrenamtlich tätige MINT-Jury, die unter anderem aus Vertreterinnen und Vertretern aus Schulen, Unternehmen, Hochschulen, Ministerien und Verbänden besteht.

Zertifizierte Schulen werden in das Exzellenz-Netzwerk »MINT SCHULE NRW« aufgenommen und profitieren von speziellen MINT-Förderangeboten wie MINT-Camps für Schülerinnen und Schüler, MINT-Lehrkräftefortbildungen und dem landesweiten Netzwerk-Treffen »MINT-Tag NRW«. Das Siegel »MINT SCHULE NRW« ist drei Jahre gültig, danach werden die Schulen zur Rezertifizierung eingeladen.

Alle Informationen zur Bewerbung und zu den erforderlichen Qualitätsmerkmalen (Qualitätsrahmen »MINT SCHULE NRW«) sind hier zu finden. Allgemeine Informationen zu »MINT SCHULE NRW« sind auf dieser Webseite abrufbar. Eine Liste der beteiligten Hauptschulen, Realschulen und Gesamtschulen ist in der linken Spalte abrufbar. Einige Beispiele:

MINT-freundliche Schulen und Schulen mit Fokus auf Naturwissenschaften

Die Auszeichnung »MINT-freundliche Schule« der Initiative MINT Zukunft schaffen erhalten Schulen, die den Entwicklungsschwerpunkt auf eine nachhaltige Verbesserung des Unterrichts in den MINT-Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik legen. Es können sich Schulen aller Schulformen bewerben. Die »MINT-freundlichen Schulen« stehen unter der Schirmherrschaft der Kultusministerkonferenz (KMK).

Eine Übersicht aller nordrhein-westfälischen Schulen mit gültigem Zertifikat gibt es auf dieser Website. Alle Informationen zur Initiative »MINT Zukunft schaffen« gibt es hier.

Schulen mit digitalem Bildungskonzept

Digitale Schule

Für ein vielfältiges Engagement in der Verwendung digitaler Medien wird die Auszeichnung »Digitale Schule« der Initiative MINT Zukunft schaffen verliehen. Für die Auszeichnung können sich Schulen aller Schulformen bewerben. Informationen zur Bewerbung gibt es hier. Einige Beispiele:

Smart School

Der Verband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche, Bitkom, zeichnet allgemein- und berufsbildende Schulen, die digitales Lernen und digitale Bildungsangebote beispielhaft in die Realität umsetzen, mit dem Zertifikat »Smart School« aus. Eine »Smart School« besteht aus den folgenden drei Säulen:

  • Digitale Infrastruktur: Hierzu gehören ein flächendeckendes WLAN, Smartboards, VR-Brillen, eine intelligente Schulverwaltung, mobile digitale Endgeräte für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte.
  • Pädagogisches Konzept bzw. Inhalte, die auf digitales Lernen abgestimmt sind.
  • Lehrkräftefortbildung zu Themen des digitalen Unterrichts.

Informationen zum Konzept gibt es auf dieser Website. Alle Schulen im deutschen »Smart School-Netzwerk« sind hier zu finden. Beispiele:

Europaschulen

Um den Zusatz »Europaschule« führen zu dürfen, müssen Schulen besondere Standards der interkulturellen Zusammenarbeit erfüllen. Nach einem Zertifizierungsverfahren werden geeignete Schulen durch die »Arbeitsgemeinschaft Europaschulen« (ARGEUS) im Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen mit dem Gütesiegel für fünf Jahre zertifiziert. Wenn die Schulen die Kriterien weiterhin erfüllen, können sie nach diesem Zeitraum rezertifiziert werden.

Kriterien, Ablauf und Antrag sind hier zu finden. Alle Informationen zu Europaschulen in NRW gibt es auf dieser Website. Eine Liste aller Europaschulen in Nordrhein-Westfalen steht hier zur Verfügung. Einige Beispiele:

Schulen mit kulturellem Schwerpunkt

Schulen in Nordrhein-Westfalen, die den künstlerisch-kulturellen Bereich zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit machen, werden von der Arbeitsstelle Kulturelle Bildung NRW beraten, begleitet und unterstützt. »Kulturelle Bildung NRW« ist eine gemeinsame Einrichtung des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration NRW, des Ministeriums für Schule und Bildung NRW, des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft NRW sowie der Akademie der Kulturellen Bildung des Bundes und des Landes NRW.

Mit dem Landesprogramm »Kultur und Schule« unterstützt die Landesregierung Nordrhein-Westfalen Schulen dabei, Kinder und Jugendliche an kulturelle Bildung heranzuführen. Alle Schulen, die am Landesprogramm teilnehmen, finden sich auf dieser Webseite. Einige Beispiele:

UNESCO-Projektschulen

UNESCO-Projektschulen verankern in ihren Schulprofilen und Leitbildern wie auch im Schulalltag und in der pädagogischen Arbeit die Ziele und Werte der UNESCO. Sie setzen sich damit für Frieden, Weltoffenheit und nachhaltige Entwicklung ein. Das Netzwerk ist Akteur und Impulsgeber zur Erreichung der Bildungsagenda 2030 in den Bereichen Global Citizenship Education und Bildung für nachhaltige Entwicklung. UNESCO-Projektschulen gibt es in 182 Ländern. Sie arbeiten in einem Netzwerk zusammen. In Deutschland gibt es verteilt auf alle Bundesländer rund 300 Schulen aller Schulformen.

Informationen zu den UNESCO-Projektschulen gibt es hier. Informationen zu UNESCO-Projektschulen in Nordrhein-Westfalen sind auf dieser Webseite zu finden. Einige Beispiele:

Schulen mit musikalischem Schwerpunkt

Schulen mit einem musikalischen Schwerpunkt (auch »Schulen mit Musikzweig«) zeichnen sich durch erweiterten Musikunterricht aus und erteilen umfangreichen Instrumental- bzw. Gesangsunterricht. Nähere Angaben zu spezifischen Angeboten gibt es bei den jeweiligen Schulen. Einen Überblick über allgemeinbildende Schulen mit Schwerpunkt Musik in Nordrhein-Westfalen findet sich auf dieser Webseite des Deutschen Musikinformationszentrums. Einige Beispiele:

Humboldt-Gymnasium Düsseldorf

Humboldt-Gymnasium Köln

NRW-Sportschulen – Verbundsystem Schule und Leistungssport

Wenn junge Talente im Nachwuchsleistungssport erfolgreich sein wollen, müssen sie ein umfangreiches Trainings- und Wettkampfprogramm absolvieren. Gleichzeitig ist es sehr wichtig für sie, eine gute schulische und berufliche Ausbildung abzuschließen. Dabei hilft ihnen das »Verbundsystem Schule und Leistungssport«.

In Nordrhein-Westfalen kooperieren Landesleistungsstützpunkte der Sportfachverbände mit den »NRW-Sportschulen« und den »Partnerschulen des Leistungssports«. Landesleistungsstützpunkte sorgen für eine gute sportliche Ausbildung, die Schulen für eine über den normalen Unterricht hinausgehende Betreuung, wie zum Beispiel Hilfe bei den Hausaufgaben oder Nacharbeiten von wettbewerbsbedingt versäumtem Unterricht. Termine von Wettkämpfen und Trainingsmaßnahmen, Klassenarbeiten und Prüfungen werden abgesprochen. Zu diesem Verbundsystem gehört meist auch ein Teil- oder Vollinternat, in dem für die Verpflegung und Betreuung in der Freizeit gesorgt wird.

Die beteiligten Schulen werden von der Landesregierung mit zusätzlichem Personal unterstützt. Die eingesetzten Kräfte werden in den Bereichen der Hausaufgabenbetreuung, des Stütz- und Förderunterrichts, der Koordinierung sowie für zusätzlichen Sportunterricht eingesetzt.

Informationen zu Schule im Verbundsystem »Schule und Leistungssport« in Nordrhein-Westfalen allgemein sowie zu den Schulen im Verbundsystem gibt es auf der Website des Verbundsystems. Eine Liste aller NRW-Sportschulen findet sich hier in der rechten Spalte. Einige Beispiele:

Goethe-Gymnasium, Dortmund

Gesamtschule Berger Feld, Gelsenkirchen

Lise-Meitner-Realschule, Paderborn

Eliteschulen des Sports und Eliteschulen des Fußballs

Schulen, die sich der Förderung des Leistungssports im Verbund mit Schule und Wohnen widmen, werden durch den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) als »Eliteschulen des Sports« ausgezeichnet. Das Prädikat wird für einen vierjährigen Zeitraum (olympischer Zyklus) verliehen. Jede Einrichtung ist an einen Olympiastützpunkt angebunden. Eliteschule des Fußballs ist ein vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) vergebenes Zertifikat, das für die Förderung der parallelen sportlichen und schulischen Ausbildung von Jugendspielerinnen und -spielern an Schulen im kooperativen Verbund mit Vereinen und Verbänden verliehen wird. Diese interaktive Deutschlandkarte ermöglicht die Suche nach einer »Eliteschule des Fußballs« in der Nähe des eigenen Wohnorts.

In Nordrhein-Westfalen gibt es »Eliteschulen des Sports« an diesen Standorten:

Eliteschulen des Sports in NRW

Privatschulen mit Internat

Rechtliche Grundlagen

Individuelle Förderung

Obwohl der Unterricht an weiterführenden Schulen sich deutlich vom Unterricht an Grundschulen unterscheidet, wird das Grundprinzip der individuellen Förderung leistungsschwacher wie auch leistungsstarker Kinder und Jugendlicher als Leitidee fortgeführt. Hierzu gehört unter anderem das Erlernen von Fremdsprachen, die Vorbereitung auf Ausbildung, Studium und Beruf, die Inklusion, die Integration, freiwillige oder verbindliche Angebote am Nachmittag sowie die Einbindung der Eltern in die schulischen Prozesse.

In NRW sind die Eckpunkte zur individuellen Förderung in einem Rahmenkonzept (Schulgesetz NRW unter anderem § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 11, § 50 Abs. 3) festgelegt. Für die Ausgestaltung in den Schulen ist die Erfahrung der Lehrkräfte ebenso wichtig wie die spezifische Situation einer Schule in Bezug auf Lernumgebung, soziale Zusammensetzung der Schülerschaft und lokale Voraussetzungen. Ein Konzept, wie Begabungs- und Hochbegabtenförderung am Ort der Schule aussehen soll, wird daher von den Beteiligten unter Nutzung der Rahmenvorgaben vor Ort erstellt.

Vorversetzung

Wenn die Leistungsanforderungen der bisherigen Klasse oder Jahrgangsstufe nach Maßgabe der Ausbildungs- und Prüfungsordnung erfüllt sind, wird Schülerinnen oder Schülern der Zugang zur nächsthöheren Klasse gestattet. Dies geschieht in der Regel am Ende des Schuljahres.

Wenn es bei einer Schülerin oder einem Schüler absehbar ist, dass sie oder er auch am Unterricht der nächsthöheren Klasse oder Jahrgangsstufe erfolgreich teilnehmen kann, besteht die Möglichkeit, eine Klasse zu überspringen. Dies wird im Schulgesetz NRW unter § 50 Abs. 1 geregelt.

Eindrücke aus der Begabungsförderung – Im Gespräch mit Christof Haering

Christof Haering, Schulleiter am Landfermann-Gymnasium Duisburg und Mitglied im Lenkungsausschuss LemaS, beantwortet Fragen zur Begabungsförderung an seiner Schule. Das Gymnasium ist an der Initiative Leistung macht Schule (LemaS) beteiligt und Referenzschule im Netzwerk Zukunftsschulen NRW.

Bestandteil des Leitbilds des Landfermann-Gymnasiums ist der Satz »Interessen erkennen – Talente fördern«. Wie wird diese Idee umgesetzt?

Das lässt sich zunächst ganz konkret beschreiben. Es gibt außer bilingualen Klassen keine früh festlegenden Profile. Wir wollen den Kindern Zeit geben, ihre Begabungen zu finden und bieten im »sanften« Übergang wechselnde Neigungskurse aus allen fachlichen und überfachlichen Bereichen und mit der Landfermann-Stunde den Einstieg in den Prozess der Persönlichkeitsbildung am Landfermann. Hier sind alle wesentlichen Aspekte des Leitbilds dargestellt.

Wie werden Sie dem Anspruch einer ganzheitlichen Förderung aller Schülerinnen und Schüler gerecht?

Programmatisch haben wir am Landfermann drei gleichberechtigt nebeneinanderstehende Ziele:

  1. Bei aller Individualität ist es von besonderer Bedeutung, gerade im Sinne einer zukunftsausgerichteten humanistischen Tradition, Schülerinnen und Schüler ganzheitlich in den Blick zu nehmen: Persönlichkeitsbildung als zentrales Ziel. Diese Persönlichkeitsbildung betrifft die Entfaltung individueller Möglichkeiten. Gleichzeitig wollen wir die Verantwortung für die Gemeinschaft, die Bedeutung von sozialem Engagement, Toleranz, klarer Haltung gegen Rassismus, Anerkennung von Vielfalt, Geschichte, Kultur und Sport, Politik und Wirtschaft fördern und Engagement herausfordern. Die Studien- und Berufsorientierung ist für uns ein Bestandteil der Persönlichkeitsentwicklung – das Kernziel bleibt: Werde der, der Du bist; werde die, die Du bist – im beschriebenen Sinn.
  2. Wir wollen Schülerinnen und Schüler individuell, mit allen ihren individuellen Anlagen, Begabungen, Handicaps, Stärken und Defiziten in den Blick nehmen, in jedem Unterricht, in der Förderung einer individuellen Bildungs- und Begabungskarriere (IBK) und als Teil unserer Gesellschaft, auch unserer Landfermann-Gemeinschaft. Kern unseres fachlichen und erzieherischen Handelns soll es sein, die Schülerinnen und Schüler und uns selbst früh in die Lage zu versetzen, zu ermessen, wo ihre Talente liegen und wo zusätzliche Förderung oder Herausforderungen gesucht werden sollten, um diese dann pragmatisch zu ermöglichen. Dabei werden allen Schülerinnen und Schülern mit ihren Talenten, Begabungen, Handicaps und Interessen gleichermaßen Angebote gemacht. Das IBK-Konzept will also Schülerinnen und Schülern mit Hochbegabung, mit besonderen Begabungen, mit Handicaps aber auch den ganz normalen Schülerinnen und Schülern eigene Bildungswege an unserer Schule ermöglichen – dies allerdings begrenzt durch die pragmatisch darstellbaren Optionen und Kooperationen sowie personelle Ressourcen. Dies kann bedeuten, dass Schülerinnen und Schüler in einzelnen Fächern am Unterricht höherer Klassen oder an außerunterrichtlichen Projekten zur Begabungsförderung teilnehmen oder auch in ihrer Klasse bleiben und nur ein Fach in einer unteren Jahrgangsstufe wiederholen, das die Versetzung gefährdet. Es kann auch bedeuten, dass sie sich nach Beratung mit der IBK-Koordination, Eltern und unseren ausgebildeten Lern-Coaches dazu entscheiden, mit 2 statt 4 Stunden Fachunterricht auszukommen, damit ihnen der Unterricht »nicht langweilig« wird und sie stattdessen zum Beispiel Musik machen oder selbstständig wettbewerbsorientiert arbeiten.
  3. Die Lehrkraft-Schülerin/Schüler-Beziehung soll verbindlich und nachhaltig durch hohe Transparenz, Absprache von Inhalten, Vorgehen und Methodenstandards und durch aktive Zusammenarbeit in Fachlehrkraft-Jahrgangsstufenteams gefördert werden. Dem anerkannten australischen Bildungsforscher John Hattie folgend wollen wir systematisch, verbindlich und regelmäßig Rückmeldungen von Schülerinnen und Schülern über Lehrerfolg und Unterrichtskultur wahrnehmen und schließlich an einer Verbesserung von Unterrichtsqualität arbeiten. Dazu dienen die Landfermann-Stunden in den Stufen 5 bis 7 und ab Stufe 8 bis zum Abitur regelmäßige Coaching-Gespräche der Lehrkräfte mit allen Schülerinnen und Schülern.

Das Landfermann-Gymnasium nimmt an der Bund-Länder-Initiative »Leistung macht Schule« teil. Mit welchem Ziel haben Sie sich um eine Teilnahme beworben und welche Wirkung hat die Arbeit in dem Projekt?

Wir hoffen, im Bereich der nachhaltigen individuellen Bildungskarrierenförderung IBK besser zu werden. Mehr und bessere Diagnose, besserer Umgang mit Underachievern, mehr begabungsfördernde Angebote in allen Fächern, insbesondere in Mathematik – mehr gelebte, mehr selbstverständliche Begabungsförderung.

Was zeichnet Ihre Schule im Bereich der Begabungsförderung (über die Teilnahme im Projekt LemaS hinaus) besonders aus?

Die oben beschriebenen Konzepte einer durch Lehrkräfte betreuten individuellen Förderung gab es bei uns schon, so insbesondere das Coaching, eine nachhaltige Angstfreiheit als Voraussetzung für eine Kultur der Würdigung von Begabung, Drehtüroptionen nach oben und unten, Mehrsprachenmodelle, die Kooperation mit externen Partnern – und die Integration der Studien- und Berufsorientierung in unser Konzept der begleiteten Persönlichkeitsentwicklung, u.a. mit der Landfermann-Stunde und regelmäßigen Klassenleitungsgesprächen in allen Schuljahren.

Welche weiteren Angebote und Maßnahmen nutzen Ihre Schülerinnen und Schüler bei der Entfaltung ihrer Potenziale in besonderer Weise?

Sie nutzen vor allem die Mehrsprachenmodelle und unsere AG-Angebote für besonders begabte Kinder, in denen sie sich besonders verstanden und angeregt fühlen. Sie finden es gut, verlässliche Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner zu haben, die sie verstehen – und die immer angesprochen werden können. Viele wollen nicht auffallen, es werden aber auch Coaching-Angebote wahrgenommen – und es braucht immer wieder Unterstützung auch der Stufen- und Schulleitung.

Wie kann man besonders begabte Schülerinnen und Schüler (im Unterricht) erkennen?

Es kommen Kinder zu uns, die bereits in der Grundschule ihre besondere Begabung – und auch die Probleme damit – erkannt haben. Im Moment gilt bei uns noch, dass Eltern, Klassenleitung, Fachlehrerinnen und Fachlehrer aufgefordert sind, nachzufragen, wenn Schülerinnen und Schüler oft gelangweilt sind, sich unterfordert fühlen – das kann man aber, glaube ich, nur ganz am Anfang der Schullaufbahn bei uns machen – und man muss dann schnell Konsequenzen daraus ziehen, sonst resignieren Kinder schnell – und da sind wir noch nicht gut genug, da wollen wir noch lernen.

Bei erwartungswidrigen Leistungen einer Schülerin oder eines Schülers spricht man von »Underachievement«. Wie diagnostizieren Sie diese Schülerinnen und Schüler? Und was tun Sie bei Verdacht auf Underachievement?

Auch hier kommt die Diagnose oft von den Eltern oder von außen. Wir suchen dann einzelne, wirklich individuelle Wege. Das dauert manchmal, andererseits darf man nicht zu lange warten, sonst droht ja auch ein Scheitern. Auf jeden Fall wollen wir einen Schulabschluss produzieren – und das gelingt immer besser.

Manchmal suchen wir auch eine externe spezialisierte Schule, die zu der Schülerin, dem Schüler vielleicht besser passt.

Für eine differenzierte schulische Begabungsförderung ist der fachliche Anspruch an die pädagogische Arbeit von Lehrkräften hoch. Wo finden Lehrkräfte qualifizierte Fortbildung und Unterstützung?

Es gibt mittlerweile doch viele Angebote in Nordrhein-Westfalen, auch wirklich gute und für Schule passende, unter anderem ja die Angebote der Begabungsforschung und Begabungsförderung in Münster. Allerdings sind diese Angebote zumeist sehr teuer, sodass – wenn überhaupt – nur einzelne Kolleginnen und Kollegen diese wahrnehmen. Ähnliches gilt für Ausbildungen in Coaching.

Nicht nur Lehrkräfte, auch Eltern und Schülerinnen und Schüler suchen Rat und Unterstützung bei ihren persönlichen Fragen zur Begabungsförderung. Wo finden sie professionelle Beratung? Welche Ansprechpartner und Anlaufstellen gibt es?

In Duisburg gibt es ein spezielles Duisburger Kompetenzzentrum für Begabungs- und Begabtenförderung, mit dem wir auch kooperieren. Und insgesamt gibt es in NRW, auch gerade im Ruhrgebiet, wirklich viele, zum Teil spezialisierte Stellen, Einrichtungen, Vereine und Ansprechpartner. Da hat sich in den letzten Jahren wirklich viel in NRW getan.

Und wie sieht die Förderung außerhalb der Schule aus? Welche Förderangebote und außerschulischen Lernorte sind für NRW charakteristisch? Welche Kooperationen haben sich für Ihre Schule bewährt?

Die Vernetzung mit den Bezirksregierungen und auch mit dem Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, nicht zuletzt rund um das Netzwerk Zukunftsschulen NRW und LemaS, die Kongresse, Fortbildungen, Kooperationen haben viel bewegt.

Für uns ist die Kooperation mit Universitäten, bei uns insbesondere mit der Universität Duisburg-Essen, wirklich wichtig und gut. Dazu gehören Talentscouts und Schulangebote. Auch private Anbieter, zum Beispiel von Lernprojekten oder Werkstätten für besonders begabte Kinder, gibt es.

Aber es gibt nach wie vor zu wenig nachhaltige Normalität und Selbstverständlichkeit. Wir würden uns zum Beispiel wünschen, dass besonders begabte Kinder früher, schneller und nachhaltiger an die Uni könnten – und, dass in diesem Kontext auch Abiturregelungen flexibler wären.

Und es fehlen Angebote für Seiteneinsteiger-Kinder, gerade bei der Integration in Regellaufbahnen höherer Stufen.

Im Kontext der Debatte um die individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern gewinnt das selbstregulierte Lernen im schulischen Kontext zunehmend an Relevanz. Welche Voraussetzungen und welche Strategien für selbstreguliertes Lernen sind aus Ihrer Sicht erforderlich?

Wenn Wissenschaft, Technik und Gesellschaft sich immer schneller weiterentwickeln, dann reicht Bildung als fixe Bildung schon lange nicht mehr für ein ganzes Berufsleben. Deswegen ist das selbstgesteuerte Lernen von immer größerer Bedeutung – und dieses selbstgesteuerte Lernen lebt von der Selbstmotivation. Es darf in der Schule nie zu langweilig sein, zu unterfordernd. Lob darf nie zu grundsätzlich kommen. Selbstbeobachtung und Selbstwirksamkeit müssen eingeübt, als etwas Gutes wahrgenommen und gefördert werden.

Dazu müssen Lehrkräfte noch viel genauer und anders auf jede einzelne Schülerin, jeden einzelnen Schüler schauen und viel regelmäßiger und besser beobachten und begleiten. Die Lehrkraft ist gefordert als Beobachter, Organisator, Begleiter und soll individuell-kluge und Selbstwirksamkeit fördernde Impulse in zum Teil neuen Formen geben. Das ist sehr sehr schwierig und erfordert viel Veränderung.

Die Corona-Krise hat jetzt gezeigt, dass viele Schülerinnen und Schüler gut alleine arbeiten können, wenn sie angemessen individuell herausgefordert sind, und vor allem, wenn sie geeignete individuelle Rückmeldungen bekommen. Aber auch diese sind nicht leicht und nicht mal eben gemacht. Und sichtbar wird auch, dass erfolgreiches Lernen für die allermeisten auch Leben und Begegnung in der Schule braucht – vielleicht nicht immer als Fachunterricht, aber für all das, was für ein erfolgreiches selbstreguliertes Lernen wichtig ist.


Herzlichen Dank, Herr Haering.