Schule im digitalen Wandel
Schulen und außerschulische Lernorte stehen fortlaufend vor der Herausforderung, gutes Lernen zu ermöglichen. Dabei geht es immer wieder um die Frage, was bewährte Praxis ist und wo es neue innovative Ansätze braucht. Über die damit verbundenen Prozesse haben wir mit der Bildungswissenschaftlerin und Pädagogin Nele Hirsch gesprochen.
Nele Hirsch war als Referentin auf unserer digitalen Tagung »Neu lehren und lernen« des hybriden Workshops »Wie kann neu lehren und lernen konkret aussehen« zu Gast. Weitere Impressionen von der Fachtagung finden Sie im Wissensspeicher.Â
FĂĽnf Fragen an Nele Hirsch
Frau Hirsch, Sie engagieren sich dafĂĽr, Lehren und Lernen im digitalen Wandel zu gestalten. Wie sieht fĂĽr Sie zeitgemäßes, gutes Lernen aus?Â
Ich orientiere mich da an Reinhard Kahl, der sagt: »Zukunft entsteht in radikaler Gegenwart.« FĂĽr mich heiĂźt das im Kontext des digitalen Wandels, dass wir die Lebensrealität von Kindern und Jugendlichen ernst nehmen mĂĽssen. Sie leben – genau wie wir als Erwachsene auch – in einer digital geprägten Gesellschaft. Zeitgemäßes Lernen beginnt also damit, diese Realität zu verstehen und von dort aus zu ĂĽberlegen, wie wir Lernen sinnvoll gestalten können.Â
Wo liegen Ihrer Meinung nach derzeit die größten Herausforderungen fĂĽr Schulen, wenn es darum geht, gute Bildung umzusetzen?Â
Die Herausforderung ist eigentlich doppelt: Einerseits erleben wir eine rasante digitale Transformation – Themen wie KI werfen viele neue Fragen fĂĽr Schulen auf. Andererseits kämpfen Lehrkräfte ohnehin schon mit zahlreichen Aufgaben und chronischem Zeitmangel. Es fĂĽhlt sich oft an wie ein Hamsterrad – man läuft, damit der Laden läuft, und gleichzeitig wird die Last immer größer. Ein passendes Bild: Man jongliert schon viele Bälle und ständig kommen neue dazu – das ist enorm herausfordernd.Â
Sie beraten Schulen, halten Vorträge, entwickeln innovative Lernformate und teilen Ihre Erfahrungen, Materialien und Methoden auf Ihrer Website. FĂĽr 2025 haben Sie Ihre Arbeit unter das Motto »Zeit fĂĽr Lernfreude« gestellt. Was hat Sie zu diesem Leitsatz bewegt?Â
Der Leitsatz »Zeit fĂĽr Lernfreude« entstand aus der Frage, welche Kompetenzen wir in einer KI-geprägten Welt wirklich brauchen. FĂĽr mich ist klar: Es geht immer stärker um originär Menschliches – Neugier, Intuition, Resonanz. AuĂźerdem ist es gerade in einer Welt ständiger Veränderungen zentral, das Lernen selbst zu lernen – und das gelingt nur, wenn Schule nicht als fremdbestimmtes Pflichtprogramm erlebt wird, sondern als Ort echter Lernfreude.Â
Viele Schulen sehen die Notwendigkeit, sich weiterzuentwickeln. Gleichzeitig wissen wir, wie schwer es ist, bestehende Strukturen zu hinterfragen und sich von gewohnten Routinen zu lösen. Wie können Schulen und auĂźerschulische Lernorte diesen Wandel gestalten – und ihn auch gut bewältigen?Â
Wichtig ist, dass Lehrende sich auch als Lernende verstehen und bereit sind, sich auf Neues einzulassen. Häufig entsteht bei Wandel auĂźerdem der Eindruck: Jetzt kommt noch mehr obendrauf. Deshalb kann ein erster Schritt sein, bewusst zu schauen: Was können wir auch loslassen? Erst wenn Altes hinterfragt wird, entsteht Raum fĂĽr Neues. Wandel gelingt dann, wenn klar ist: Strukturen mĂĽssen nicht bleiben, wie sie sind – Veränderung heiĂźt auch, sich Freiräume zu schaffen und nicht nur immer weitere Belastungen zu häufen.Â
Zum Abschluss: Haben Sie eine konkrete Methode oder Idee, die dabei helfen kann, sich dem Thema Weiterentwicklung offen und mit Zuversicht zu nähern?Â
Ich arbeite gern mit der Schneeballschlacht-Methode – vielleicht für manche etwas zu spielerisch, aber aus meiner Sicht sehr wirkungsvoll. Dabei schreiben Teilnehmende auf, was sie loslassen möchten: Routinen, die nicht mehr passen, Dinge, die blockieren. Die Zettel werden zu »Schneebällen« geknüllt und durch den Raum geworfen. Andere lesen sie, kommentieren oder ergänzen. Am Ende landen alle »Schneebälle« im Papierkorb – sichtbar für alle. Das schafft nicht nur Erleichterung, sondern öffnet auch den Blick: Wir haben Platz geschaffen für Neues.

Nele Hirsch
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Wir sind ĂĽberzeugtÂ
Praxisorientiertes Wissen bei schulischen und auĂźerschulischen Bildungspraktikerinnen und Bildungspraktikern zum Thema Individuelle Förderung unterstĂĽtzt dabei, dass mehr Jugendliche die Chance erhalten, ihre Potenziale zu entwickeln. Ihre persönlichen Fragen zur Talententwicklung und Talentförderung lassen wir daher von Expertinnen und Experten beantworten und stellen sie hier in regelmäßiger Folge vor.Â
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